Bis spätestens Mitte 2025 müssen Unternehmen in Europa ihre Webseiten barrierefrei gestalten – andernfalls drohen Konsequenzen wie eine Abschaltung. Ein innovatives Start-up bietet hierfür die passenden Lösungen und erhält dafür eine Finanzierung in Millionenhöhe.
Eine persönliche Geschichte als Auslöser
Der Impuls zur Gründung der Web Inclusion GmbH kam für Oliver Greiner durch ein prägendes Erlebnis: Sein Schulfreund Lennart, dessen Sehvermögen durch eine genetische Erkrankung stark eingeschränkt ist, sah sich gezwungen, sein Studium abzubrechen, da viele Webseiten für ihn nicht nutzbar waren. Zusammen mit seinem Bruder Tobias, dem E-Commerce-Spezialisten Chris Schmidt und dem Kaufmann Eric Braun gründete Greiner daraufhin das Unternehmen, um barrierefreie Softwarelösungen zu entwickeln.
„Wir wollten zeigen, dass soziales Engagement und wirtschaftlicher Erfolg sich nicht ausschließen müssen“, erklärt Mitgründer Schmidt. Der Erfolg gibt ihnen recht: Über 2000 Kunden, darunter prominente Namen wie die Deutsche Telekom, Roche und die Hypo-Vereinsbank, setzen mittlerweile auf die Software „Eye-Able“.
Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe
Dank des wachsenden Bedarfs an barrierefreien digitalen Angeboten konnte das Unternehmen kürzlich eine Series-A-Finanzierung in Höhe von 20 Millionen Euro abschließen. Zu den Investoren zählen neben dem Technologiefonds Yttrium auch Dieter Schlosser, ehemaliger CEO von SoftwareONE, sowie Fußballstar Joshua Kimmich und Ex-BMW-Chef Harald Krüger. Die Investitionen sollen der internationalen Expansion dienen – mit Standorten in Singapur, Amsterdam, Paris und Warschau wurden bereits erste Schritte unternommen.
Ein riesiger, oft vernachlässigter Markt
Menschen mit Behinderungen verfügen allein in der EU über eine jährliche Kaufkraft von 2,3 Billionen Euro, wie eine Studie von Accenture zeigt. Trotzdem sind nach aktuellen Untersuchungen knapp 90 Prozent der Webseiten nicht barrierefrei. Unternehmen, die ihre digitalen Angebote nicht anpassen, riskieren nicht nur finanzielle Sanktionen, sondern auch den Zugang zu einem bedeutenden Markt.
Neue gesetzliche Regelungen treiben Wandel voran
Mit dem European Accessibility Act (EAA) und ergänzenden nationalen Gesetzen werden ab Mitte 2025 Unternehmen verpflichtet, ihre digitalen Angebote barrierefrei zu gestalten. Besonders betroffen sind Branchen wie E-Commerce, Banken und Energieversorger. „Wer die Anforderungen nicht rechtzeitig erfüllt, steht vor großen Herausforderungen“, warnt Schmidt.
Innovative Technologie für mehr Inklusion
Eye-Able bietet umfassende Lösungen, um Barrieren zu identifizieren und zu beseitigen. Die Software analysiert Webseiten, erstellt Berichte über Barrierequellen und schlägt Maßnahmen vor. Zusätzlich erleichtern digitale Tools, etwa zur Anpassung von Kontrasten oder Schriftgrößen, die Nutzung für Menschen mit Einschränkungen. Ein KI-gestütztes Modul übersetzt Inhalte in einfache Sprache, um die Zugänglichkeit weiter zu verbessern.
Mehr als nur Barrierefreiheit
Barrierefreie Webseiten profitieren nicht nur Menschen mit Behinderungen. Sie verbessern auch die Nutzerfreundlichkeit und steigern die Sichtbarkeit in Suchmaschinen. „Suchmaschinen wie Google analysieren Webseiten wie ein blinder Nutzer. Barrierefreie Seiten schneiden daher besser ab“, erklärt Schmidt. Gleichzeitig bietet die Integration von Menschen mit Behinderungen in den Entwicklungsprozess – rund 20 Prozent der Eye-Able-Mitarbeiter haben selbst Einschränkungen – einen zusätzlichen Perspektivgewinn.
„Es geht um mehr als gesetzliche Anforderungen“, betont Christina Marx von Aktion Mensch. „Barrierefreiheit bedeutet einen Gewinn für alle, von komfortabler Nutzung bis hin zu besseren Rankings bei Google.“
Mit Eye-Able setzt die Web Inclusion GmbH ein starkes Zeichen für eine inklusive digitale Zukunft, die wirtschaftlichen Erfolg mit gesellschaftlichem Nutzen verbindet.
Häufig gestellte Fragen zur digitalen Barrierefreiheit und Eye-Able
Warum müssen Webseiten bis 2025 barrierefrei sein?
Unternehmen in Europa sind durch den European Accessibility Act und ergänzende nationale Gesetze verpflichtet, ihre Webseiten bis Mitte 2025 barrierefrei zu gestalten, um Menschen mit Behinderungen einen besseren Zugang zu digitalen Inhalten zu ermöglichen.
Welche Probleme könnte es für Unternehmen geben, die ihre Webseiten nicht barrierefrei gestalten?
Unternehmen riskieren nicht nur finanzielle Sanktionen und die Abschaltung ihrer Webseiten, sondern auch den Verlust des Zugangs zu einem bedeutenden Markt von Menschen mit Behinderungen.
Welche Vorteile bietet die Software Eye-Able?
Eye-Able bietet Lösungen zur Identifikation und Beseitigung von Barrieren auf Webseiten, erstellt Berichte über Barrierequellen und schlägt gezielte Maßnahmen vor. Zudem verbessert es die Benutzerfreundlichkeit und Sichtbarkeit in Suchmaschinen.
Wie trägt Eye-Able zur Integration von Menschen mit Behinderungen bei?
Etwa 20 Prozent der Mitarbeiter von Eye-Able haben selbst Einschränkungen, was zu einem besseren Verständnis für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen beiträgt und innovative Lösungen fördert.
Welches Potenzial hat der Markt für barrierefreie digitale Angebote?
Menschen mit Behinderungen verfügen allein in der EU über eine jährliche Kaufkraft von 2,3 Billionen Euro, was dieses Marktsegment wirtschaftlich äußerst attraktiv macht.