Warum Omnichannel-Neuheiten aus den USA nicht automatisch in Deutschland funktionieren

    23.06.2025 26 mal gelesen 0 Kommentare

    Curbside Pickup als Beispiel eines kulturellen Trugschlusses

    Wenn es um neue Trends im Omnichannel-Commerce geht, schauen viele Entscheider nach Westen – insbesondere in die USA. Dort entstehen ständig neue Services, die Geschwindigkeit, Bequemlichkeit und Technologie in den Mittelpunkt stellen. Einer dieser Services ist der sogenannte Curbside Pickup: Kund:innen bestellen online und lassen sich die Ware direkt ins Auto bringen, ohne auszusteigen. Klingt smart. Funktioniert hervorragend in den USA. Aber ist das auch ein Modell für den deutschen Markt?

    Spoiler: Nicht unbedingt.

    Was ist Curbside Pickup eigentlich?

    Das Prinzip ist simpel: Man bestellt online, fährt zum Store, gibt per App oder Anruf Bescheid – und das Personal bringt die Ware direkt zum Fahrzeug. Ohne Aussteigen. Ohne Schlange. Ohne Kontakt.

    In den USA ist dieser Service bei Handelsriesen wie Walmart, Target oder Best Buy zum Alltag geworden – nicht zuletzt, weil große Parkflächen, breite Zufahrten und eine Drive-Thru-Mentalität dort Standard sind. Kund:innen erwarten Geschwindigkeit und Komfort. Der Service ist eine logische Fortführung ihrer Alltagsroutinen.

    Und in Deutschland?

    Hier wurde der Curbside Pickup vor allem während der Corona-Pandemie eingeführt – als Notlösung für Lockdown-Zeiten. IKEA, MediaMarkt, REWE und andere testeten entsprechende Modelle. Doch die Euphorie war verhalten. Warum? Es sind vor allem strukturelle und kulturelle Hürden, die eine breite Adaption verhindern.

    1. Die Infrastruktur ist eine andere

    • Deutsche Innenstädte sind nicht auf großzügige Zufahrten ausgelegt. Die meisten Stores befinden sich in dicht bebauten Gebieten – Parkbuchten mit Personalservice? Fehlanzeige.
    • Viele Filialen haben keine ausgewiesenen Stellplätze vor der Tür. Die Logistik ist schlicht zu komplex.

    2. Die Mentalität der Kunden unterscheidet sich

    • Deutsche Kund:innen sind gewohnt, ihre Einkäufe selbst abzuholen – und oft bewusst bereit, den Laden zu betreten.
    • Vertrauen und Kontrolle spielen eine größere Rolle. Viele möchten die Ware sehen, anfassen oder sich spontan umentscheiden.
    • Der Gedanke, jemanden zum Auto zu bestellen, wirkt für manche eher unangenehm oder gar übertrieben.

    3. Die Technik hinkt oft hinterher

    • Funktionierende Apps, Live-Tracking, reibungslose Kommunikation mit dem Personal? Leider noch keine Selbstverständlichkeit in vielen Handelsketten.
    • Was in den USA aus einem Guss kommt, wird hier oft halbherzig getestet – oder bricht an fehlenden Schnittstellen zusammen.

    Was lernen wir daraus?

    Nur weil ein Konzept in einem Markt funktioniert, heißt das nicht, dass es sich 1:1 auf andere Regionen übertragen lässt. Der Erfolg von Omnichannel-Services hängt nicht nur von der Technologie ab – sondern vor allem von Kultur, Infrastruktur und Erwartungshaltung der Kund:innen.

    Deutschland braucht eigene Lösungen, die zur lokalen Realität passen. Click & Collect, Paketstationen, persönliche Beratung mit digitaler Terminbuchung – all das funktioniert hier gut, weil es auf Vertrauen, Kontrolle und Effizienz abzielt.

    Die Herausforderung für Händler liegt darin, nicht blind zu kopieren, sondern lokal zu denken – und dabei offen für neue Wege zu bleiben. Denn Innovation ist nicht nur das, was anders ist – sondern das, was wirklich genutzt wird.

    Ihre Meinung zu diesem Artikel

    Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse ein.
    Bitte geben Sie einen Kommentar ein.
    Keine Kommentare vorhanden
    Felix & Sally KI Podcast - Too much, too nothing – das Zeitalter der inneren Leere
    Felix & Sally KI Podcast - Too much, too nothing – das Zeitalter der inneren Leere
    YouTube

    In dieser Folge reden wir über eine stille Epidemie unserer Zeit: das Gefühl, ständig alles zu haben – und trotzdem leer zu sein. Informationsflut, Dauerbeschallung, Social-Media-Dopamin – und am Ende bleibt oft nur ein großes „meh“. Warum wir bei all dem Überfluss oft innerlich verhungern, und was das mit Aufmerksamkeit, Sinnsuche und unserer digitalen Kultur zu tun hat, diskutieren Clark & Sally offen, kritisch und ohne Filter.

    Digital Zentral Logo
    Felix Weipprecht

    Felix Weipprecht ist ein führender Experte im Bereich der Digitalstrategien, mit einem besonderen Fokus auf eCommerce. Seine Spezialgebiete umfassen auch Omnichannel-Lösungen, Suchmaschinenmarketing und Social Media. Mit einer persönlichen, direkten und lösungsorientierten Herangehensweise entwickelt er effektive eCommerce-Strategien, um Ihren Online-Erfolg zu maximieren. Er unterstützt Sie dabei, die Sichtbarkeit Ihrer Webseite zu erhöhen und Ihre Präsenz in sozialen Medien zu stärken. Sein Ziel ist es, Unternehmen ganzheitlich bei der Optimierung ihrer digitalen Präsenz zu unterstützen.


    Counter