Zufall als Strategie – Wie das Unerwartete Innovation antreibt

Zufall als Strategie – Wie das Unerwartete Innovation antreibt

Autor: Felix Weipprecht

Veröffentlicht:

Kategorie: eCommerce

Zusammenfassung: Zufall und Ungeplantes sind oft der Schlüssel zu Innovationen, während Unternehmen häufig Angst vor dem Unerwarteten haben; die Kunst liegt darin, diese Chancen zu erkennen. Serendipität erfordert eine offene Haltung gegenüber Fehlern und Überraschungen, um kreative Möglichkeiten zu fördern.

Manchmal entstehen die besten Momente ganz spontan. So wie dieses Bild von mir und meinem Sohn Moritz: Wir stehen am Fenster, schauen hinaus – ohne Plan, einfach im Augenblick. Dieses Bild wäre geplant nie entstanden. Aber genau das macht es besonders. Man muss jemanden haben, der den Moment erkennt, der ein Auge für das Ungeplante hat.

Und genau darin steckt eine Botschaft, die oft unterschätzt wird: der Zufall.

Wenn wir über Strategie reden, denken wir an klare Ziele, durchdachte Pläne und den perfekten Weg von A nach B. Unternehmen investieren unzählige Stunden, um Szenarien zu berechnen, Risiken zu minimieren und alles so weit wie möglich vorhersehbar zu machen. Doch ausgerechnet in dieser Welt der Kontrolle wird ein Faktor gern übersehen: der Zufall.

Die Geschichte zeigt eindrücklich, dass manche der größten Entdeckungen und Innovationen nicht aus sorgfältiger Planung entstanden sind, sondern aus Fehlern, Missgeschicken oder reinen Zufällen. Der Zufall wirkt dabei wie ein Störsignal im System – und wird doch genau dadurch zum Ausgangspunkt für völlig neue Möglichkeiten.

Wenn Fehler zu Welterfolgen werden

Nehmen wir Alexander Fleming, der 1928 vergaß, eine Petrischale zu verschließen. Eigentlich wollte er Bakterien züchten. Stattdessen wuchs Schimmel. Was andere vielleicht weggeworfen hätten, sah Fleming genauer an – und entdeckte Penicillin, das erste Antibiotikum der Welt. Millionen Menschen verdanken diesem „Unfall“ ihr Leben.

Oder die Geschichte der Post-its: Ein Chemiker entwickelte einen Kleber, der eigentlich viel zu schwach war, um nützlich zu sein. Normalerweise wäre das Projekt in der Schublade verschwunden. Doch irgendwann erkannte jemand das Potenzial: Genau dieser „schwache“ Kleber ließ sich wieder ablösen und neu verwenden. Heute kleben bunte Zettel mit Ideen, Erinnerungen und To-do-Listen auf Millionen Bildschirmen weltweit.

Und dann gibt es da noch die Mikrowelle: Ein Ingenieur bemerkte zufällig, dass ein Schokoriegel in seiner Tasche durch Radarstrahlen schmolz. Was nach einem ärgerlichen Missgeschick aussah, führte zur Erfindung eines Geräts, das bis heute fast in jeder Küche steht.

Diese Geschichten sind keine Ausnahmen. Sie zeigen, dass Innovation oft nicht linear entsteht. Sie ist nicht das Ergebnis eines perfekt ausgearbeiteten Plans, sondern das Produkt von Aufmerksamkeit, Neugier und der Bereitschaft, das Unerwartete ernst zu nehmen.

Der Zufall braucht ein Umfeld

Aber Vorsicht: Der Zufall allein ist nicht der Held. Er liefert nur den Impuls. Die eigentliche Kunst liegt darin, diesen Impuls zu erkennen und produktiv zu nutzen. Genau hier zeigt sich, warum manche Unternehmen immer wieder Neues hervorbringen – und andere trotz bester Pläne auf der Stelle treten.

Zufall wird erst dann zur Strategie, wenn wir ihm Raum geben. Wenn wir nicht jeden Prozess bis ins Letzte optimieren. Wenn wir akzeptieren, dass Fehler passieren dürfen. Und wenn wir Menschen ermutigen, genauer hinzuschauen, statt vorschnell zur Tagesordnung überzugehen.

In der Forschung gibt es dafür ein eigenes Wort: Serendipität. Es beschreibt die glückliche Entdeckung von etwas Wertvollem, nach dem man gar nicht gesucht hat. Sie ist kein reiner Zufall, sondern eine Haltung: offen sein, wenn sich etwas zeigt, das nicht ins Bild passt.

Warum Unternehmen Zufall fürchten – und was sie dadurch verlieren

Viele Organisationen haben eine fast panische Angst vor dem Zufall. Sie setzen auf Kontrolle, auf KPIs, auf Effizienz. Alles, was nicht planbar ist, gilt als Risiko. Doch genau darin steckt das Paradoxon: Wer nur auf Sicherheit setzt, verliert Chancen.

Innovation braucht Reibung, Umwege und Überraschungen. Wer alles auf Effizienz trimmt, bekommt vielleicht reibungslose Abläufe – aber keine neuen Ideen. Deshalb sieht man oft, dass kleine, flexible Startups mit weniger Ressourcen ganze Branchen umkrempeln, während große Konzerne mit ihren schwerfälligen Prozessen hinterherlaufen.

Zufall bedeutet nicht Chaos. Er bedeutet, dass man nicht alles vorhersehen kann – und dass genau darin die Möglichkeit liegt, etwas Neues zu entdecken. Unternehmen, die das verstehen, richten ihre Kultur so aus, dass sie nicht nur auf Pläne setzen, sondern auch auf Gelegenheiten reagieren können.

Der Zufall als unterschätzter Erfolgsfaktor

Vielleicht liegt die wahre Stärke nicht darin, den Zufall zu kontrollieren, sondern ihn willkommen zu heißen. Räume zu schaffen, in denen Begegnungen stattfinden, die nicht geplant waren. Fehler zu erlauben, die keine Karriere-Killer sind. Neugier nicht nur als Schlagwort zu predigen, sondern wirklich zu fördern.

Denn am Ende gilt: Strategie gibt uns die Richtung. Der Zufall liefert die Abkürzungen – oder eröffnet Wege, die wir nie auf der Karte hatten. Und oft sind es genau diese Wege, die den größten Unterschied machen.